Darf man denn das? Die Schalen der Erdnüsse einfach vom Tisch runterschieben auf die Dielen? "Man soll sogar! Die Hemmungen verschwinden auch ganz schnell", sagt schmunzelnd Cornelia Engler, Wirtin im Landgasthof Rössle in Bad Bellingen-Hertingen. Liegen die Schalen einige Zentimeter hoch, höre sich das an wie ein Gehen durch hohen Schnee - und das muss Cornelia Engler ja wissen: Schließlich ist sie im Berner Oberland groß geworden.
Noch bis 20. Dezember laufen ihre Gäste über ziemlich dicke Schichten Erdnuss-Schalen. Bereits zum 25. Mal, noch bis 20. Dezember, sind im Rössle die Country-Wochen angesagt. Dann kommen Texas Appetizers auf den Tisch, Cowboy-Steaks, prächtige Rumpsteaks vom Bison und zum Knabbern eben die Erdnüsse. Die Wände und Decken sind westernmäßig dekoriert, die Wirtin bedient mit Hut, und auch etliche Stammgäste erscheinen gut gelaunt in Lederstiefeln, grob kariertem Hemd und mit Cowboy-Hut auf dem Kopf. Und wer nichtsahnend die Tür zu dieser historischen Markgräfler Wirtschaft öffnet? "Der staunt, klar. Und findet's recht bald gut", weiß die Wirtin.
Ihr Mann Thomas Engler ist ein echter Markgräfler. Er lernte als Koch im Hotel "Alpenruh" in Mürren die Kollegin Cornelia aus Beatenberg kennen und machte 1991 mit ihr einen beruflichen Abstecher nach Kanada - er arbeitete in Lake Louise, sie im Banff-Nationalpark. Was sie gesehen und erlebt haben, ist in die Country-Wochen eingeflossen. Samt diesem Moosehead, dem Bier mit dem Elch
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aus der ältesten Brauerei Kanadas. Im Hintergrund läuft das kanadische Mountain-Radio.
Fleisch vom Bison, ein Hit auf der Speisekarte, haben sie ebenfalls - bei einem späteren Besuch - in Kanada entdeckt, auf einer Bison-Farm bei Alberta. Von schiesswütigen Weißen war das Tier einst fast ausgerottet worden. Heute lässt sich Thomas Engler die guten Stücke des Grand-Prairie-Bison von einem Importeur schicken. Als Rumpsteak ist das magere Fleisch ein außerordentlicher Genuss, den man sich gerne etwas mehr kosten lässt.
Neben dem "Original Canadien Bison-Rumpsteak" bieten Rässles Country-Wochen gastronomisch so ziemlich alles, was einem zum Wilden Westen einfallen kann. Als Vorspeisen unter anderem Bisonschinken, Maiskolben vom Grill und überbackene Tortilla-Chips - die "Nachoooooos Apache" sind besonders begehrt. In der Liste der Cowboy-Steaks ist aus dem gewohnten Füürwehrrumpsteak (eine Spezialität im Rössle) das Deviled Steak Kicking Horse geworden.
Unter "Tom's Specials" finden sich Lammrücken, Spare Ribs und Entenbrüstchen vom Grill. Noch zu erwähnen: Auch für Vegetarier ist vorgesorgt.
Eine umtriebige Zeit sind die sechs oder sieben Country-Wochen. Englers verschnaufen danach kurz und putzen durch. Das "normale" Rössle öffnet zu Weihnachten wieder für eine gemütliche Einkehr in der alten Gaststube mit Kachelofen: mit 19 Variationen Rösti, selbstverständlich auch mit den Steaks - Bison eingeschlossen.
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